Selbst Ägyptens Außenminister Ahmed Abul Gheit traute sich in der UN Vollversammlung zu fordern, dass ‚Israel alle Siedlungsaktivitäten in den besetzten Palästinensischen Gebieten einschließlich Jerusalems stoppen müsse.
(Bild: Siedler in Hebron)
‚Alle sind Gottes Kinder‘- aber nicht gleich?
US Präsident Obama mochte vor der UN am 23.9.09 freundlichst den lieben Gott zitieren, der alle Kinder, ob israelische oder palästinensische als die Seinen, Gottes Kinder, ansehe – es hilft nichts, denn die USA ermöglichen erst mit ihrer Militärhilfe und ihren jährlichen Millionenspenden, dass die einen in besten Umständen leben, während ER die anderen nur zu sich nimmt, gestorben im Feuerhagel mörderischer israelischer Militärangriffe.
Obama hat schon recht, wenn er meint, dass die Siedlungen das Zentrum des Konflikts darstellen, denn sie sind die faktische Realisierung des Kolonialprojektes – sie sollen absichern, was Zionistisches Ziel seit 1897 ist und nie verändert worden ist: einen jüdischen Staat, mindestens in der Größe wie von England versprochen, vom Mittelmeer bis zum Jordantal, in den Grenzen des Mandatsgebiet von 1923 bis 1947.
Und dass das so bleiben soll, das meinen auch 56% der befragten Israelis in Anbetracht der Forderungen US Präsident Obamas, keine neuen ‚Siedlungen‘ mehr zu bauen. (Ergebnisse der Befragung des Maagar Mohot Polling Institut vor der mit Spannung erwarteten Rede Netanyahu‘s in der Knesset zu Obamas Forderung im Juni 09 – siehe Haaretz 12.6.09)
Amerikas Israel Lobby triumphiert
Im jährlichen Survey ‚American Jewish Public Opinion’, das von dem ‚American Jewish Committee, AJC‘(1), das auch eine Depandance in Berlin unterhält, am 23.9.09 veröffentlicht wurde, wird nicht nur der ‚Fortschritt‘ jüdisch-amerikanischer gezinkter Meinungsmache zum Militärschlag gegenüber dem Iran bejubelt. Waren es 2007 nur 35%, 2008 schon 42%, so seien es heute nach der Befragung im August/September 2009 56%, die einen Militärschlag für berechtigt halten. Jennifer Laszlo-Mizrrahi, Gründerin und Präsidentin von ‚The Israel Project‘ begrüßt den „dramatischen Meinungswechsel während der letzten Monate“, denn in ihren Befragungen haben sich von 29% der Befragten im März 2009 im August 58% dahingehend geäußert, dass sie einen Militärschlag der USA und ihrer Alliierten gegen den Iran begrüßen. (2)
Was die Forderung Obamas nach einen konsequenten Siedlungsstop angeht, ergibt die Befragung des AJC auch eine wachsende Zahl der jüdischen Amerikaner, die gegen einen Stop der ‚Siedlungen‘ sind. Konstatierte die ‚pro peace lobby‘ noch vor kurzem 46% der Befragten als Gegner der Obama Forderung, sind es laut AJC jetzt bereits 51%, die gegen einen Siedlungsstop sind. Diesen Wandel sieht Seymour Reich, ehemaliger Präsident des ‘Israel Policy Forum, IPF’, in dem „Fehler Obamas“ begründet, dass er dem Thema ‚Siedlungen‘ „zu viel Gewicht“ bemessen würde". (2)
Die Siedlungen sind illegal
Obama hat auch recht, wenn er mit Bezug auf die UN Charta und UN Beschlüsse sagt, dass die an die 130 Kolonien in den besetzen Gebieten nach internationalem Recht illegal sind, vor allem Artikel 49 der 4. Genfer Konvention verletzten, in der es heißt:
„Individueller oder massenhafter Transfer, ebenso die Deportation von Personen vom besetzten Gebiet in das Gebiet der Besatzungsmacht oder in ein anderes Land, besetzt oder nicht besetzt, ist verboten – egal aus welchem Grund“ (übersetzt aus dem Englischen)
Hinzukommt, dass diverse UN Resolutionen (darunter 446, 452, 465) Israels Siedlungsbauten verurteilt und erklärt haben, dass ihr Bestehen keine Legitimation habe. Israel kolonisiert weiter und schert sich nicht um internationales Gesetz. Nach der Besetzung 1967 hatte sich Israel verpflichtet, im Prinzip Jordanisches Recht beibehalten zu wollen, aber weder hält es sich daran noch respektiert es eigene Militärgrundsätze.
Ofra, das Flagschiff aller Siedlungen, wie B’Tselem das in einem Bericht (4) nennt, wurde 1975 von der nationalistisch/rassistischen Gruppe Gush Emunim (Block der Rechtgläubigen) (5), die besonders in Hebron ihr Unwesen treiben, zunächst auf einem von der jordanischen Armee verlassenen Camp als eine erste Kolonie in der nördlichen West Bank errichtet. Die damalige Rabin Regierung verfügte wenig später die Anerkennung dieser Kolonie als ‚Gemeinde‘, obwohl 58% des besetzten Landes sogar im israelischen Land Kataster als palästinensisches Eigentum registriert waren; unter Begin wurde die Feststellung des israelischen Gemeindestatus 1977 rechtskräftig. Die im Nachhinein ‚legalisierte' Enteignung palästinensischen Landes benutzte diverse neue und alte Verordnungen der Militärverwaltung, vor allem diese 58% des Landes unter der Enteignungsverordnung No 77 in 1977 ‚für öffentliche (ehemals jordanische) Zwecke‘; alle eingelegten Rechtsmittel gegen diese willkürlichen Maßnahmen haben bisher zu keinem Ergebnis geführt.
Idith Zertal und Akiva Eldar, israeliche Autoren des Buches‘ Herren des Landes: der Kampf über Israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten‘ beschreiben diesen illegalen Besatzungsakt so: ‚Ofra…, unter trickreichem und falschen Vorwand errichtet, ist Teil des Israelischen Konsens geworden und begeistert das israelische Herz wegen seine schönen Erscheinung, seiner Rolle als Flagschiff der Siedlerbewegung und der honigsüßen Stimme mancher ihrer bekannten Bewohner‘ (übersetzt aus dem englischen) (6)
Ofra – ein Präzedenzfall für die Judaisierung Palästinas bis an den Jordan
Damit wurde mit Ofra ein Präzedenzfall geschaffen. Ofra bricht nicht nur internationales Recht, sonder auch jordanisches und israelisches. Nach jordanischem Recht müsste es einen Masterplan und Beschlüsse der lokalen Planungskomitees geben. Dies wurde umgangen durch ‚Ergänzungen‘ zum jordanischen Planungsrecht und der Ersetzung der palästinensischen Komitees durch neue ‚zivile‘ Komitees, in denen Israelische Vertreter residieren. (7) Aber selbst israelische Planungsgrundsätze wurden missachtet, denn es gibt auch keine israelische Planungsgrundlage für diese ‚private Kooperative‘.
Die sogenannte Zivilverwaltung antwortete B’tselem auf ihre Anfrage 1979: ‚es gibt keine juristische Grundlage für Ofra, aber es ist eine der Gemeinden unter dem Meteh Binyamin Regionalrat unter der Verwaltungsverordnung des Regionalrates (Judea und Samaria) (No.783)'.(Überetzung aus dem engl.) Ofra hat heute 2.700 Einwohner, und ist bestens versorgt mit 3 Schulen, einer Tagesstätte, mehreren Kindergärten, verschiedenen öffentlichen Einrichtungen, Geschäften und etwas Leichtindustrie.
Im May 2008 zeigt eine Luftaufnahme 570 Gebäude, 400 davon Einfamilienhäuser – keines davon ist je autorisiert worden, alle sind also nach israelischem Planungsrecht illegal, was seit der Besetzung für Tausende von palästinensischen Wohnhäusern das Ende bedeutet hat. Berücksichtigt man die Planungsgrundlagen aus der Mandatszeit, die Israel nie außer Kraft gesetzt hat und zumeist als Argument gegen palästinensische Bauanträge benutzt, so unterliegt das Gebiet dem Plan RJ/5 von 1942, nachdem das Land für landwirtschaftliche Nutzung festgelegt wurde und strenge Vorschriften für Bauten erfordert, also Abstände, Dichte und anderes. Auch dagegen verstößt Ofra hundertprozentig – aber palästinensischen Familien, die in diesem Gebiet oder in Ost Jerusalem zum Beispiel gegen den Bau der Mauer auf ihrem Land geklagt haben, wurde dieser Plan sogar zum Verhängnis, indem die israelische Planungsbehörde ihnen mitteilte, dass ihre vor 60 oder 50 Jahren errichteten Häuser wegen des RJ dort gar nicht stehen dürften und vom Abriss bedroht sind.
Nach israelischem, ebenso internationalem Gesetzt müssten den Eigentumsänderungen offizielle Dokumente, Kaufverträge und die Namen der Ver- und der Käufer genannt sein und im Landkataster eingetragen sein – auch das existiert für Ofra nicht und nicht nur für Ofra. Plia Albrecht, israelische Anwältin ist sicher, dass 90% angeblicher Landkäufe in der West Bank auf keinen oder fiktiven Dokumenten beruhen.
Noch einmal: Ofra ist das illegale Flagschiff israelischer Rechtsbrüche und internationaler Abkommen, seien das Regelungen der Vierten Genfer Konvention, der UN Resolutionen oder der Hager Konvention, in der es in Artikel 46 heißt:
„Würde und Rechte von Familien, das Leben von Personen und Privateigentum, ebenso wie religiöse Überzeugungen und Praxis müssen respektiert werden. Privateigentum darf nicht konfisziert werden“.
Während Israel seinen jüdischen Bürgern in Grundgesetz Menschenwürde und Freiheit garantiert und persönliches Eigentum nicht angetastet werden darf, scheint dies für die palästinensischen Bürger in Israel und in den besetzten Gebieten nicht zu gelten. Das sollen die Palästinensischen Vertreter in den Verhandlungen auch noch unterschreiben und die palästinensischen Bürger Israels durch die morgendliche Andacht vor der israelischen Fahne in den Schulen, die Anerkennung des rein jüdischen Charakters des Staates Israel und Verneinen der eigenen Geschichte und Identität für immer verinnerlichen.
(1) Polls by Mideast advocacy groups such as the Zionist Organization of America and J Street inevitably generate accusations of questions framed to produce predetermined results. The annual AJC survey is more widely, if not universally, accepted as a public opinion standard in Jewish life. Eight hundred “self-identifying” Jews were polled by telephone in this year’s survey, conducted by Synovate, formally known as Market Facts
(2) in: New York The Jewish Week September 30.09.09
(3) aus Stephen Lendman, 28.9.09: Israels Ofra Settlements on Unauthorized Palestinian Land siehe http://sjlendman.blogspot.com/
(4) für mehr Info http://www.btselem.org/Download/200812_Ofra_eng.pdf
(5) Gush Emunim ist heute eine einflussreiche, extremistische ‘pressure group’, fundamentalistisch, radikal, militant, messianisch, terroristisch, undemokratisch – und von allen israelischen Regierungen unterstützt. Ihr Motto: "The Land of Israel, for the people of Israel, according to the Torah of Israel,"
(7) auf Basis der Militärverordnung No 418 von 1971